Dänemark, Henne Strand, Nordsee

21. August 2016

Abend ohne Rot

Glitzernde Sonne auf tosenden Wogen. Endlich am Meer!

Die Nordsee in Henne Strand ist heute aufgewühlt. Was sie wohl so aufgebracht hat? Der Wind peitscht mir ins Gesicht, die Sandkörner reiben wie Schmirgelpapier, es knirscht zwischen den Zähnen. Ich stemme mich gegen die Macht des Windes und lasse mich ordentlich durchlüften. Dramatische Wolken am Himmel, klare Luft – was für ein Genuss nach miefiger, schwüler Stadtluft und dem Lärm der Zivilisation! Hier gibt es nur noch das Rauschen des Meeres und das Brausen des Windes. Ganz weit entfernt höre ich freudiges Juchzen von Kindern. Ganz weit weg.

Noch zwei Stunden, dann wird die Sonne im unruhigen Nass versinken und alles – so hoffen wir – in feurige Rot-Töne tauchen. Wir harren in unserer roten Strandmuschel aus, die uns vor den kräftigen Windböen schützt. Dennoch findet der Wind einen Weg in unsere Kunststoff-Behausung, und nach kurzer Zeit bildet sich in einer Ecke der Muschel eine kleine Sanddüne. Eine Wanderdüne im Miniaturformat!

Ich sehe es als Erste. Der wolkenfreie Streifen am Horizont ist verschwunden. Die Sonne ist von Wolken umkränzt, und über dem Wasser hat sich eine Wand aus wolkigem Grau gebildet.

Alles klar: Heute wird es keinen romantischen Sonnenuntergang am Meer geben, und das einzig Rote bleibt diesmal unsere Strandmuschel. Vielleicht morgen.

Fotos: Thomas Röttgen